Lied mit Klavierbegleitung

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Eines Tages im Jahre 1816 kam bei dem damals schon hochberühmten Dichter Johann Wolfgang von Goethe in Weimar ein Päckchen mit Noten an. Es enthielt die Vertonungen von 24 seiner Gedichte und das Begleitschreiben eines Freundes von Schubert. Darin bat dieser im Namen des jungen Komponisten um die Erlaubnis, Seiner Exzellenz diese Lieder, darunter das Lied „Erlkönig“ widmen zu dürfen. Er schloss mit der Bitte, „mir die angesuchte Erlaubnis mit zwei Worten gnädigst melden zu lassen“. Goethe hat nie geantwortet.

9 Jahre später schickte Schubert selbst mit einem ehrerbietigen Brief weitere Vertonungen von Goethe-Gedichten nach Weimar. Wieder wartete er vergeblich auf Antwort.

Erst nach seinem Tod gelang es der großen Sängerin Wilhelmine Schröder-Devrient im Jahre 1830, Goethe für Schuberts Erlkönig zu erwärmen. Was hätte es dem Komponisten bedeutet, noch zu erfahren: Der so sehr verehrte Dichter schätzt mein Lied!

Überlegt, wie ihr selbst das Gedicht von Goethe musikalisch ausgestalten könnt.

  1. Schon die erste Zeile gibt dafür Hinweise: „Nacht“ – „Wind“ -da „reitet“ jemand. Das könnten Themen für ein Vorspiel werden. Und da diese drei Themen bis fast zum Schluss gelten, könnten sie musikalischer Hintergrund bleiben. Wie wollt ihr sie gestalten?
  2. Vor diesem Hintergrund können dann die einzelnen „Rollen“ gesprochen werden: Erzähler, Vater, Kind, Erlkönig. Sie sprechen sehr unterschiedlich.
    (Die folgende Wiedergabe des Textes soll den Wechsel der Rollen übersichtlich zeigen. Goethe hat eigentlich Strophen zu je vier Zeilen geschrieben.)
  3. Zusätzlich könnte man den Ausdruck der jeweils Sprechenden instrumental verstärken – besonders in kurzen Sprechpausen vor dem Einsatz des nächsten Sprechers. Überlegt, wo diese Pausen eingeplant werden sollten.

Wer reitet so spät durch Nacht und Wind?
Es ist der Vater mit seinem Kind;
Er hat den Knaben wohl in dem Arm,
Er fasst ihn sicher, er hält ihn warm.

Mein Sohn, was birgst du so bang dein Gesicht? –

Siehst, Vater, du den Erlkönig nicht?
Den Erlenkönig mit Kron und Schweif? –

Mein Sohn, es ist ein Nebelstreif. –

„Du liebes Kind, komm, geh mit mir!
Gar schöne Spiele spiel ich mit dir!
Manch bunte Blumen sind an dem Strand;
Meine Mutter hat manch gülden Gewand.“

Mein Vater, mein Vater, und hörest du nicht,
Was Erlenkönig mir leise vespricht? –

Sei ruhig, bleibe ruhig, mein Kind:
In dürren Blättern säuselt der Wind. –

„Willst, feiner Knabe, du mit mir gehen?
Meine Töchter sollen dich warten schön;
Meine Töchter führen den nächtlichen Reihn
und wiegen und tanzen und singen dich ein.“

Mein Vater, mein Vater, und siehst du nicht dort
Erlkönigs Töchter am düstern Ort? –

Mein Sohn, mein Sohn, ich seh es genau;
es scheinen die alten Weiden so grau. –

„Ich liebe dich, mich reizt deine schöne Gestalt,
Und bist du nicht willig, so brauch ich Gewalt!“

Mein Vater, mein Vater, jetzt fasst er mich an!
Erlkönig hat mir ein Leids getan! –

Dem Vater grausets, er reitet geschwind,
Er hält in Armen das ächzende Kind,
Erreicht den Hof mit Müh und Not;
In Seinen Armen das Kind war tot.